soggy clothes and breezeblocks

Sie packen die Kunstmagazine ein paar Reihen unter die Pornohefte. Emotionales sich-Entblößen. Passt eigentlich zusammen, ich lache (ein) wenig. Dann drehe ich mich um, ein Mann schaut mir lange ins Gesicht. Er sagt, ich habe Knopfaugen und dabei lacht er so irritierend, dass ich an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln muss. Er erzählt von den verglasten U-Bahnhöfen, den verglasten Schächten von ihnen in Südkorea: damit sich niemand mehr vor die Züge werfen kann.

– Es riecht nach Endzeit –

Die Liste mit den Ängsten lädst du dir aus dem Netz, du musst sie nur mit deiner Realität abgleichen um neue Ängste zu finden (obwohl du eigentlich nach Nähe suchst und nicht um Aufmerksamkeit buhlst). Aber nirgendwo brachten sie dir bei, dass es allen Anderen (Menschen) genauso geht. Die Suche nach: Gold in Menschenkernen – doch, eigentlich: einem kleinen bisschen Wärme fürs Interface.

– Deine Postkarten habe ich aufgehoben –

Manchmal ist es so, als würde man eine Erkältung verschleppen. Sie kommt immer wieder, braucht mehr Zeit, bis man einigermaßen gesund ist, aber sie benötigt mehr Aufmerksamkeit, damit du dich komplett auskurieren kannst. Sie sagten: das kann sich so verschleppen, dass es in deinem Herzmuskel landet. Ja. Mit einem Lungenflügel, einer Herzklappe lebt es sich schlecht. Dann: das gemeinsame Klatschen in einer Gruppe, in der man jemanden Off-Beat klatschen hören kann. Später schaust du auf deine Hände und stellst fest, dass du es selbst bist. Du malst dir Bilder im Kopf aus. Aber du hälst keine brennende Kerze in der Hand, du bist in einem lichterloh in Flammen stehenden Raum. 

– Die Zyklopen unter den Bluthochdruckgebieten –

Denn dann geht es um das Erinnern und die einzelnen Bruchstücke im Kopf, die die verschiedenen Platten zusammenhalten – die Erinnerung als Spachtelmasse, Fuge, Aufgang, Einzelausstellung, gelegentlich platzt sie aus ihrem angestammten Platz heraus. Das Wissen darum macht uns einmal mehr zu etwas anderem als einem Tier mit Seele.

do you know where the wild things go?
(alt-j – Breezeblocks)

but see (I)

(alternativ: gelesen)

Die Luft schlägt sich in Wellen.
Das erste Mal fällt es mir auf, Stein, zerschlagen in blau.
Ich folge dem Mann um das Haus, das er säubert. Rote Arbeitskleidung, Reinigungsbesen. Er läuft langsam. Im Haus drin verarbeiteter Stahl.

Ich möchte mir ein Moleskine kaufen, ich korrigiere: noch eins. Irgendetwas braucht man, auf das man hinarbeiten kann. Und sei es die Freiheit leerer Seiten. Mir kommt ein Name in den Kopf. Walter Benjamin. Walter Benjamin, verdammt, wer ist das? Bestimmt ein paar Mal gelesen, ein paar Mal gepostet, trotzdem vergessen. Manche Namen klingen, andere schleifen sich ein. Wie die knarzende, nicht geölte Tür der Wohnung unter uns. Jedenfalls steht dieser Walter jetzt vor mir, Philosoph, war ja klar. Ich würde gerne dessen Tagebücher mal lesen. Dann wandert mein Blick zu Wittgenstein. Ich erinnere mich: Wolfgang Herrndorf, das ist die Charité, an der ich vorhin mit der S-Bahn vorbeigefahren bin, Arbeit und Struktur und sein Grab, beides nicht allzu weit entfernt.

Der Klang von Stille ist angenehm, dann das Ruckeln der U-Bahn, hörbar gemacht – könnte bitte jemand meine Gedanken aufzeichnen?
P sagt, ich soll mich nicht limitieren und während ich daran denke und in die Glasscheibe der Abteiltrennwand schaue, mich dank des Mannes in schwarzer Jacke spiegeln kann und dabei mein Gesicht studiere (das macht ihr auch, ich weiß das), erscheint mir der Fahrgast schräg hinter mir wie ein Nachrichtensprecher, mit dem ich quasi aufgewachsen bin. Zwanzig Uhr, Guten Abend, meine Damen und Herren, dann fängt der Mann an zu fluchen und ich verwerfe jegliche Ähnlichkeit.
Mein rechtes Ober- und auch das Unterlid fängt bedrohlich an zu zittern. Man sagte mir mal: das ist Stress. Oder: dir fehlt MagnesiumDann reden sie von Haftbefehlen. In meiner persönlichen Blase ist es schön, es ist warm, ich hebe mich vom Muster des Sitzes ab. Wie sie schimpfen: Übergang zur U12, keine Ansage freundlich.

Umsteigen – ich frage mich, ob die Leute hinter mir (also die auf der Rolltreppe) auf meine Beine schauen. 40 Den, wie durchsichtig kann das sein? Sieht man meine Leberflecke? Die Muttermale auf der rechten Außenseite? Zumindest redete ich mir das immer ein, dass es Muttermale sind, aber es ist am Ende nichts anderes als eine pure Störung meines Melatoninhaushalts, da an diesen Stellen, nur hat es diese Störung weder zu einem Feuermal noch zu einem ausgewachsenen Leberfleck geschafft. Glück gehabt.

Beim Aussteigen laufe ich gegen eine Signalanlage, die U-Bahn ist zu lang für den Bahnsteig; belgische Waffeln sind mein Untergang. Ich schließe die Tür zu unserer Wohnung, sie ist leer.

oh, there is thunder in our hearts
(Kate Bush – Running Up That Hill (A Deal With God))

Monkey 23

A

du schwindest 
sagst du mir und
zerrst dabei manches Mal
mein Handgelenk hinter dir her

vom Ankommen in einer Stadt, in der
ich nie ankommen wollte
(das Verwechseln von ankommen und enden)

B

und er sagte zu mir (er schrie):
du bist die Hure Babylons
unter der S-Bahn-Trasse der Friedrichstraße
sehe ich dem Tag beim Verwerden zu;
er geht weiter (er rennt) und brüllt
in die Masse: ihr seid der Untergang

ich schreibe auf, was er sagt
mein Erinnern an die Irritationen
in anderen Menschen
 

(The Kills – Monkey 23)