Ich habe gesehen, wie du am Fenster standest und mir nachgesehen hast, das hast du sonst nie getan. Auf einmal warst du in meinen Armen so klein und ich wusste nicht, wo das herkam. Vielleicht hat es sich angedeutet, dieses kleiner werden, vielleicht werden das auch mal Menschen, die mich lieben, so sehen und fühlen. Wir werden alle immer kleiner.
Als sie mir sagte, dass das der Stachel ist, der bleiben wird, habe ich es nicht zu ernstgenommen. Im Nachhinein stimmte es, wie alles, was sie mir sagte.
Eine Stadt zu lieben ist mir immer schwer gefallen, das war in meiner Heimatstadt sogar unmöglich. In London waren es Seven Dials bei Laub und Spätherbstsonne, Merica und unsere abendlichen Spaziergänge nach Waterloo Station, um Menschen beim Leben zuzusehen. In New York waren es die Nähe zum Meer und die merkwürdige Kälte in den U-Bahnen, die Schwüle am Abend und die Lichter am Times Square.
Hier sind es die Menschen, nicht die Stadt. Letztes Jahr habe ich Dresden verflucht, ganz besonders die Zeit mit F, die Orte hier, die wehtun, die Orte hier, die ich nicht entknüpfen kann von Erinnerungen, die rütteln am Fundament, das sind die Sachen von früher, die von vor Jahren.
Es ist in Ordnung. Das Gehen ist nicht das Schlimmste, es ist das Zurücklassen. Ich habe gesehen, dass du erst das Licht ausgemacht hast, als ich links den Berg abbog und nicht mehr in Sichtweite war.
Das ist die Umwandlung vom Beobachter zum Veränderer. Für sich persönlich; das sind die Tage, an denen man durch die Straßen schwimmt, also die im Licht. Das „Happiness: only real when shared with you“ auf dem mittlerweile dreckigen Bettlaken. Das sind die stillen Momente, die ganz stillen, die, in denen ich kaum zu Atmen wage. Weil jede Stadt anders klingt, wenn sie leise ist. London: Hintergrundrauschen der Klimaanlagen, New York: entferntes Sirenengeheul, Dresden: das Klingeln von Fahrrädern am Sonntagmorgen oder einfach nur Nichts.
Es ist schon gut, ich werde das niemandem erzählen. Niemandem. Das bleibt unser Geheimnis. Ich weiß, dass du weinst, gelegentlich, wenn du an mich denkst. Und ich weiß, dass du mir das nie sagen würdest. Das ist in Ordnung, wichtig ist, wie es dir geht.
Ob man darüber schreiben sollte? Ob man das darf? Ob das nicht makaber ist oder beinahe ein Selbstfleddern? Alles brennt. So schön neu.