Monat: Januar 2013
then it’s over like none of it ever was real
ce que tu veux
hard to believe how people move
amazing it seems
now I can’t feel a thing
Oder an einem anderen Tag, Fragmentfortsetzung
Ja, ich hatte es dir versprochen. Dass wir am Meer wohnen würden, dass das Meer alles wieder gut machen würde. Die Farben, die Temperaturveränderungen, die Strömung, die mich immer so an dich erinnert hat.
Auch das geht vorbei, also diese Frage danach, sage ich dir. Schlimmer ist meine Sehnsucht nach dem Ort, an dem ich nie geboren wurde, in keiner Phase meines Lebens, weder nach meiner persönlichen Katharsis noch nach meinem Zusammenbruch, nach meinem Abschluss oder der letzten Reise auf die Insel. Ob wir einander jemals davon erzählt haben? Vielleicht hat man das ein Leben lang, vielleicht ist man wirklich lebenslang krank, deckelt nur, dass die Blase aus Lava platzt.
Dein dahingehauchtes wir sollten einsteigen und die Hand am Türöffner, als wäre das hier etwas ganz großes, das niemand von uns fassen kann, als hätte nie jemand etwas tragischeres erlebt. Da habe ich das Bedürfnis, dich an die Tage zu erinnern, an denen ich neben dir eingeschlafen bin, im Handtuch, in dem, das ich immer aus deinem Schrank genommen habe, weil es so nach dir roch, aber ich habe es dir nie erzählt, ich sollte es wohl dabei belassen. Du hast mir schon gefehlt, als du mit mir im selben Zimmer geschlafen hast. Wie unsäglich übermelancholisiert das klingt, alleine schon, wenn die Stimme des Unterbewusstseins das sagt. Doch fühlt es sich so an, als wäre es das größte Beruhigungsmittel für mich gewesen, als wäre das schon in Ordnung, sich an die eigentlichen Situationen nicht mehr erinnern zu können, nur noch an das Gefühl, das sie nach sich schleifen, denn ziehen kann man das nicht mehr nennen.
Von nun an versuchst du, möglichst nicht von den schwarzen Löchern zu reden, in denen wir noch drinstecken, wobei: du weißt nichts von meinem. Deine Angst, nachzufragen, wieso ich auf einmal verschwunden bin, wieso ich auf einmal kein Wort mehr gesagt habe. Absichtliches Rollenvertauschen, wir müssen alle immer so viel Verständnis haben, für alles, oft weiß ich nicht, wo du das täglich herholst. Diese gottverdammte, unsägliche Liebe für alle außer dir, die mich in den Wahnsinn treibt, weil sie keinen Sinn macht, du bist dieses schlechte Beispiel für Selbstwert und deshalb muss ich mir so oft auf die Zunge beißen, gelegentlich auch bis es blutet. Du erfährst wieder nichts davon, wenigstens redest du wieder.
–Man sollte nie Musik wie Star Guitar hören, wenn man im Zug sitzt, meine Augen halten gar nicht mehr mit.
–Als würde das irgendeinen Unterschied machen.
Du packst die Kekse aus, die du am Bahnhof gekauft hast und beißt behutsam, Stück für Stück, eine Ecke ab. Als könntest du dich nicht mehr an richtiges Essen erinnern.
–Vielleicht kennst du nur deinen inneren Takt nicht, ich finde schon, dass das einen Unterschied macht.
–Hast du jemals richtig zugehört?
Schlaf wäre jetzt schön, es ist sowieso zu spät für mich, das Meer muss eine gute Idee sein, ich kann mir nur jetzt vorstellen, wie du aus vollen Lungen heraus wie ein Kind lachen kannst, dabei darf ich dich nicht ansehen. Dein fahriges Gesicht, die Mischung aus Spontaneität und Alarmiertsein, der unsägliche Druck, dass man am Meer viele findet, die zum letzten Mal irgendwo hinfahren wollten und dass das keiner von uns beiden will. Weil alle irgendwie ans Meer wollen, bevor sie sterben, das ist die Relativität der Dinge und Menschen und Gefühle und doch fahren wir da hin, weil wir leben wollen und temporär vergessen haben, wie das so geht. Dieses normale Leben.
Wenigstens war ich immer da, sagst du dann, du weißt ganz genau, wie sehr mich das trifft. Das Wittern später Rache, dabei wollte ich nichts sehnlicher als das Gegenteil. Das ist deine Mauer, das ist die, die du wegen mir aufgebaut hast.
Und als du vor ein paar Tagen vor mir gestanden hast, du wusstest nicht, dass ich die Person hinter deiner Tür war, hatte ich vermutet, dass du mich wegschlägst, als ich die Hand nach dir ausgesteckt habe. Stattdessen hast du weinend in meinen Armen gelegen, die, wegen denen du mich fragtest, ob du mich berühren darfst. Dieses Schütteln, fast wie Schüttelfrost, das kam aus dem Kern, irgendwo tief drin. Du hast mir gefehlt, das hast du immer wieder in mein Ohr geregnet. Die Angst, dass du in meinen Armen, zwischen meiner Haut kaputtgehst, so wie ich früher in deinen. Ich konnte mich nie zusammenkleben, du dich auch nicht.
Am nächsten Bahnhof reißt du mich aus der Lethargie. Ich habe Herzrasen, ich kann mich nicht mehr bewegen, sagst du und ich kann sehen, dass du das Gefühl hast, du bist in deinen Augen eingesperrt. Deine Hände krallen sich um mein Handgelenk, das ist die Panik, von der du nicht willst, dass ich sie jemals sehen muss. Ob das der schwarze Hund ist, der, der nicht anders kann als bellen?
Ich erzähle dir von dem Ort, an dem ich früher oft war, wie ich mir immer gewünscht hatte, in den nächsten Zug steigen zu können, es nie konnte und es deshalb nie versuchte. Stattdessen den anderen zusehen beim Wegfahren, Abfahren, Ankommen, also beim Leben, das war meine Panik, aber die war nicht real.
–Ich konnte meine Panik nie anfassen, so wie du mein Handgelenk jetzt.
–Das ist so egal.
–Drück so fest du willst. Drück zu, drück zu, drück zu. Das hier ist real. Und bald sind wir zu Hause.
Die Angst davor, dass du tatsächlich zusammenbrichst, ich spüre meine Finger nicht mehr, so fest drückst du. Vielleicht spürst du dadurch endlich dein eigenes Gewicht, ich kann nicht mehr, ich lege meine andere Hand auf deine an mir verkrampfte.
Du lässt los, wir rennen nach dem Anschlusszug, wir reden nicht über das, was passiert ist. Trotzdem hast du deine Spur so hinterlassen, dass sie noch einige Stunden sichtbar sein wird wie ein enganliegender Armreif.
Das kurze Zähnefletschen deines schwarzen Hundes, dieses schwarzen Lochs in deinem Kopf und meine Hoffnung, dass du umgekehrt nie etwas sehen musst, das dich so betroffen macht wie die Angst, die in deinen Augen war.
Es riecht nach Salat und dem kaum an Kaffee erinnernden schwarzbraunen Heißgetränks aus dem Bordrestaurant, die Gespräche der Mitreisenden sind herrlich weit entfernt. Du grübelst, ich mache dasselbe, nur in eine andere Richtung. Die Denkerpose, die man nur von Vernissagen und Museumsbesuchen kennt, verfällt zunehmend in deiner Gegenwart. Mein Magen knurrt so laut, dass es die beste Entscheidung ist, zu schlafen. Ich lege meinen Kopf in deinen Schoß als wäre ich eine Katze. Bald erinnere ich mich an nichts mehr.
verweise
I feel me slipping away, I wipe my feelings off, you made me untouchable for life
love will tear us apart again
Oder an einem anderen Tag, Fragmentfortsetzung